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Teilkündigung

Teilkündigung

Die einseitige Änderung einzelner Vertragsbestandteile durch Kündigung ist grundsätzlich unzulässig. Das hat das Bundesarbeitsgericht nochmals mit Urteil vom 18. Mai 2017 (Az.: 2 AZR 721/16) bestätigt.

Im selben Urteil führt das Bundesarbeitsgericht (BAG) aus, dass solche Teilkündigungen zulässig sein können, wenn dem Kündigenden ein solches Kündigungsrecht – wirksam – eingeräumt wurde. Im Vom BAG entschiedenen Fall betraf dieses die  Abrede über die gesonderte Kündbarkeit einer Vereinbarung zur Pauschalierung von Erschwerniszuschlägen. Dieses ändert nicht die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, sondern gestaltet lediglich eine Erfüllungsmodalität. Deren Kündbarkeit kann im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam vereinbart werden, selbst wenn das Recht zur Kündigung nicht an einen in der Klausel selbst angegebenen Grund geknüpft ist. Voraussetzung ist, dass die Kündbarkeit beidseitig und nur unter Wahrung einer angemessenen Frist vorgesehen ist.

Arbeitnehmer und Arbeitgeber streiten über die Zahlung einer Pauschale für Erschwerniszuschläge. Der klagende Arbeitnehmer war seit März 2002 bei der Stadt B beschäftigt. Im Arbeitsvertrag sind die Regelungen des Bundesmanteltarifvertrags (BMT-G) und des Bezirkszusatztarifvertrags (BZT-G) in Bezug genommen, die für gewisse Arbeiten die Zahlung von Erschwerniszuschlägen vorsahen. Ende April 2002 vereinbarten der Kläger und die Stadt B in einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag die pauschale Vergütung der tariflichen Erschwerniszuschläge durch einen Betrag i.H.v. 101,35 EUR monatlich. Nr. 3 dieser Nebenabrede lautete wie folgt:

„Diese Nebenabrede kann mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden.“

Um die Pauschalen zu überprüfen, wurden die Mitarbeiter zur Dokumentation der gezahlten Pauschalen veranlasst. Diese betrug beim Kläger zuletzt 122,31 EUR/Monat. Zum 01.01.2013 ging das Amt  auf die Beklagte über. In einer zwischen der Beklagten und dem Personalrat geschlossenen Personalüberleitungsvereinbarung wurde festgelegt, dass durch den Übergang keine Nachteile für die Beschäftigten entstehen dürfen. Die Nebenabrede wurde von der Beklagten zum 30.09.2014 gekündigt.

Das BAG führt aus, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Pauschale hat. Der Arbeitgeber habe die Nebenabrede wirksam gekündigt.

Die Kündigung einzelner Vertragsbestandteile, sog. Teilkündigung, ist aufgrund der dadurch eintretenden Störung des vertraglich vereinbarten Ordnungs- und Äquivalenzgefüges grundsätzlich unzulässig. Wird die Teilkündigung wie in Nr. 3 der Pauschalierungsabrede ausdrücklich vereinbart, kann sie ausnahmsweise zulässig sein. Durch die Abrede wird kein zwingender Kündigungsschutz umgangen, da die Kündigung der Vereinbarung nicht zu einem Wegfall der Zahlung führt. Der Anspruch auf Zahlung von Erschwerniszuschlägen ergibt sich aus den Tarifverträgen. Die Nebenabrede begründet keinen eigenständigen Entgeltbestandteil, sondern modifiziert lediglich die Art der Zahlung.

Das BAG hat nicht abschließend geklärt, ob die Pauschalierungsabrede an den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zu messen ist. Selbst bei Geltung der AGB-Kontrolle genügt Nr. 3 der Abrede den Anforderungen aus §§ 308 Nr. 4, 307 I BGB. Zur Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts i.S.v. § 308 Nr. 4 BGB bedarf es innerhalb der Klausel prinzipiell der Angabe von Widerrufsgründen oder zumindest der Angabe einer Richtung, aus der der Widerruf möglich sein soll. Einer solchen Konkretisierung bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, da sich die Kündigung für den Arbeitnehmer aufgrund des Zwecks der Pauschalisierung, anders als bei der einseitigen Widerruflichkeit der Leistung, auch ohne vorherige Angabe von Gründen als zumutbar i.S.v. § 307 I BGB darstellt. Das Interesse des Arbeitnehmers an der Abrechnungserleichterung tritt hinter dem Interesse des Arbeitgebers, sich zwecks leistungsgerechter Bezahlung von der Abrede zu lösen, zurück. Im entgegengesetzten Falle einer zu geringen Bemessung des Pauschalbetrags würde das Interesse des Arbeitnehmers überwiegen. Interessengerecht ist daher nur die beidseitige Kündigungsmöglichkeit mit einer angemessenen Frist, um den Abrechnungszeiträumen Rechnung zu tragen.

Die Kündigung der Nebenabrede verstößt auch nicht gegen die Personalüberleitungsvereinbarung, da es sich nicht um einen Nachteil infolge des Übergangs handelt.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)