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Anhörung vor Verdachts- kündigung

Anhörung vor Verdachtskündigung

Wird eine Arbeitnehmerin während einer ortsabwesenden Reha-Maßnahme zu einer Verdachtskündigung angehört und hat der Arbeitgeber davon Kenntnis, bedarf es in aller Regel einer Nachfrist für die Arbeitnehmerin.

Dies ergibt sich aus dem Urteil des LAG Berlin- Brandenburg vom 4.8.2016 (10 Sa 378/16).

Hier streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, sowie hilfsweise ordentlichen Kündigung. Die schwerbehinderte Klägerin war als Buchhalterin bei der Beklagten tätig, welche im März 2014 Unregelmäßigkeiten im Bereich der Buchhaltung feststellte. Weil die Klägerin sich vom 16.3. bis 6.4. in einer Reha- Einrichtung befand, wurde sie durch ein Schreiben der Beklagten über die Unregelmäßigkeiten informiert und um Stellungnahme zum Sachverhalt bis zum 07.04 gebeten. Am 07.04 antwortete die Klägerin, dass sie erst nach Ihrer Gesundschreibung Ende April dazu in der Lage sei. Die Beklagte interpretierte dies als Ablehnung an der Aufklärung mitzuwirken und entschloss sich zum Ausspruch der außerordentlichen Verdachtskündigung.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen, da es starke Verdachtsmomente für eine schwerwiegende Pflichtverletzung durch einen von der Klägerin eingelösten Scheck gibt. Dagegen wendet sich die Arbeitnehmerin mit der Berufung.

Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichtes abgeändert und entschieden, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet wurde, weil die Wirksamkeitsvoraussetzung der Anhörung unterblieben ist.

Dazu führt das Landesarbeitsgericht aus, dass eine wirksame Verdachtskündigung die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers erfordert, denn bei einer solchen Kündigung besteht die erhöhte Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vor dem Ausspruch der Kündigung die Gelegenheit geben, zu den Verdachtsmomenten Stellung zu nehmen, um diese dann bei seiner Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Wird dies versäumt ist die Kündigung unwirksam.

Äußert sich der Arbeitnehmer innerhalb der gesetzten Frist nicht, kann dem Arbeitgeber ein weiteres abwarten unzumutbar sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn davon ausgegangen werden kann, der Arbeitnehmer werde sich auch in absehbarer Zeit nicht äußern (können).

Liegt allerdings aufgrund einer Reha- Maßnahme Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers vor sind die Umstände des Einzelfalles gesondert zu berücksichtigen.

Erklärt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Frist, dass er sich infolge seiner Erkrankung derzeit nicht äußern kann, ist er aber zu einer nachträglichen Aufklärung des Sachverhaltes, nach seiner Gesundung, bereit, muss eine Nachfrist gesetzt werden.

Sollte in einem solchen Fall keine Nachfrist zur Stellungnahme gesetzt werden, hat der Arbeitgeber nicht alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen und die Verdachtskündigung hat keinen Bestand.

(Anwalt für Arbeitsrecht in Münster | Bussmann & Bussmann)